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Nachhaltigkeit ist inzwischen ein zentrales Schlagwort in der Tourismusbranche und spricht gezielt Konsumbedürfnisse an. Laut dem World Economic Forum wünschen sich 86 Prozent der jungen Reisenden umweltfreundliche Angebote. Doch die Realität sieht oft anders aus: Nachhaltige Einstellungen führen nicht automatisch zu nachhaltigem Verhalten. Zudem sind vermeintlich nachhaltige Angebote nicht immer umwelt- oder sozialverträglich – oft bleibt es bei geschicktem Marketing.
Gleichzeitig hat die COVID-19-Pandemie zu massivem Reiseverzicht geführt und einen starken Nachholbedarf entstehen lassen. Es ist daher nicht überraschend, dass der globale Tourismus Ende 2024 mit rund 1,4 Milliarden internationalen Reisenden fast wieder das Niveau von 2019 erreicht hat. Für viele Destinationen, insbesondere im Globalen Süden, ist diese Erholung eine gute Nachricht. Entwicklungspolitisch gilt der Tourismus als Jobmotor und wirtschaftlicher Impulsgeber. Während der Pandemie gingen über 60 Millionen Arbeitsplätze im Tourismus verloren – mit langfristigen Folgen für die Beschäftigten und die sozialen Strukturen in den Zielgebieten. Der Neustart bietet die Chance, nicht nur Arbeitsplätze zurückzugewinnen, sondern auch bessere Arbeitsbedingungen und faire Löhne zu etablieren. Eine sozial gerechte Gestaltung des Tourismus ist essenziell, da die Branche zuvor viele prekäre Beschäftigungssituationen begünstigt hat.
Nachhaltiger Tourismus ist sozial gerecht, wirtschaftlich fair, kulturell respektvoll und ökologisch tragfähig. Fachstelle Tourism Watch bei Brot für die Welt
Neben fairen Arbeitsbedingungen geht es auch darum, dass touristische Wertschöpfungsketten nicht nur großen Konzernen zugutekommen, sondern lokale Unternehmen und Gemeinschaften gleichberechtigt profitieren. Kulturelle Nachhaltigkeit bedeutet, dass Reisen nicht zur Kommerzialisierung oder gar Verdrängung lokaler bzw. indigener Kulturen führt. Und schließlich muss Tourismus auch ökologisch tragfähig sein. Der größte Knackpunkt dabei sind Flugreisen: Sie verursachen knapp 9 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Klimaschutz zeigt sich also ein grundlegender Zielkonflikt. Doch Reisende können bewusste Entscheidungen treffen: seltener fliegen, länger bleiben und nachhaltigere Mobilitätslösungen nutzen – Bahn fahren und vor Ort zu Fuß gehen oder das Fahrrad nehmen. Die Wahl zertifizierter Unternehmen und Reiseveranstalter trägt dazu bei, soziale und ökologische Standards zu sichern. Authentisch zu reisen bedeutet, lokale Ressourcen und Angebote zu nutzen und den ökologischen Fußabdruck an die Gegebenheiten vor Ort anzupassen – insbesondere beim Wasserverbrauch, da in vielen Urlaubsregionen Wasserknappheit herrscht.
Wir von Tourism Watch sind überzeugt, dass eine friedliche und gerechte Welt ohne Armut nur möglich ist, wenn eine grundlegende Wende auch im Tourismus erreicht wird. Menschenrechte und die Selbstbestimmung lokaler Gemeinschaften müssen im Zentrum jeglicher Tourismusentwicklung stehen. Wirtschaftliche und soziale Vorteile müssen gerecht verteilt werden, um Wohlstand und Lebensqualität vor Ort zu steigern. Tourismus sollte in diesem Sinne sowohl für Reisende als auch für die Gastgebenden eine positive und sinnstiftende Erfahrung sein.
Weiterführende Informationen
- Fair Unterwegs – Online-Plattform der Schweizer NGO für menschen- und umweltfreundliches Reisen: www.fairunterwegs.de
- Hermann, Frank (2016): Fair-Reisen: Das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen, München: Oekom.
- Tanzania Association of Sustainable Cultural Tourism: www.tanzaniasustainableculturaltourism.org
- Tourism Watch, Fachstelle der Abteilung Politik von Brot für die Welt – Informationen, Fachpublikationen und deutschsprachiges Bildungsmaterial für Nachhaltigkeit im Tourismus: www.tourism-watch.de/bildung-material

Welche drei konkreten nachhaltigen Handlungsoptionen unternimmst du für deine nächste Reise nach/in Tansania oder anderswo?
Inspiration gefällig? Schau mal zum One Planet Guide mit Tipps für faires Reisen: www.brot-fuer-die-welt.de/fair-reisen
